Shirin Neshat — Text- und Bildkombinationen in der Kunst: Provokation oder Illustration?

In einer Unterrichtsreihe zum Thema „Schrift und Schreiben“ wurden Text- und Bild­kombinationen auf ihre Funktion hin untersucht und unterschieden.

Neben der Betrachtung und Unterscheidung von Werbeanzeigen gab das Bild I am aus der Serie „Woman of Allah“ der zeitgenössischen Künstlerin Shirin Neshat Anlass, sich mit der kritischen Funktion von Kunst auseinander zu setzen.

Angesichts einer immer globaler werdenden Welt, zunehmender Migration und größerer Aufgeschlossenheit gegenüber nichtwestlichen Kulturen ist in den letzten Jahren das öffentliche Interesse an Künstlern gewachsen, die aus anderen Kulturkreisen stammen und in deren Werken multikulturelle Einflüsse thematisiert werden.

Einen besonderen Weg der Verbindung von Text und Bild fand die im Iran geborene und aufgewachsene Shirin Neshat, die 1974 mit 17 Jahren zur Ausbildung nach Amerika ging, um in Kalifornien Kunst zu studieren.

Erst 1990 besuchte sie wieder ihre Heimat.

Es ging los mit einem Schock. Ich war erschreckt und fasziniert, wie sich das Land verändert hatte – von Persien, wie ich es kannte zur islamischen Republik.

Auf der Suche nach ihrer Identität begann die heute in New York lebende Künstlerin aus Neugier am Menschen zu fotografieren und sich mit dem Bild der Frau im Islam und dem Phänomen der Verschleierung mit dem Tschador auseinander zu setzen.

1993 entstanden die Bilder der Serie „Woman of Allah“, Schwarzweißfotografien von unverhüllten Körperteilen wie Händen, Füßen und dem Gesicht. Die Bildpartien der freiliegenden Körperteile hat sie mit Farsi, der persischen Schrift überschrieben, denn ohne diesen Zusatz empfand Neshat ihre Bilder als unvollständig und nackt.

Neshat wählte freizügige Texte iranischer Schriftstellerinnen, durch welche sie wiederum zu ihren Bildern angeregt worden war.

Während die Texte für den westlichen Betrachter meist nicht lesbar sind und ihm wie geheimnisvolle Verzierungen vorkommen, werden Neshats Bilder im Iran nicht gezeigt.

Im Westen zählt Neshat jedoch zu den erfolgreichsten jungen Künstlerinnen islamischen Ursprungs.

Vgl. Woman Artist. Künstlerinnen im 20. und 21. Jahrhundert. Hg. v. Uta Grosenick. Köln: Taschen GmbH 2003

Angeregt durch Neshats Bild- und Textkombinationen überlegten die Schüler: „Was würde ich mir ins Gesicht schreiben?“

In eigener Regie wurden Fotos mit dem Handy aufgenommen und ausgedruckt sowie Texte ent- und verworfen, bis alle zufrieden mit ihrem „Statement“ waren.

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